Homosexualität: Daten und wissenschaftliche Studien – kurze Hinweise

In dieser Rubrik sind relevante Daten und Studienhinweise zu aktuellen Themen in den Bereichen Homosexualität/Bisexualität zusammengetragen:

Angaben zur Häufigkeit: Selbstidentität

Bei diesen Daten ist zu berücksichtigen: Nicht nur die sexuelle Orientierung und das sexuelle Verhalten können sich im Lauf eines Lebens spontan verändern, auch die Einschätzung der eigenen Identität wechselt nicht selten im Lauf eines Lebens.1

1. Eine repräsentative Untersuchung der University of Chicago (1994) ergab:

2,8 Prozent der Männer und 1,4 Prozent der Frauen bezeichneten sich in ihrer Selbstidentität als homosexuell oder bisexuell.2

2. Eine repräsentative Studie (2011) des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention kommt zu dem Schluss:

Was die Selbstidentität angeht, bezeichneten sich

  • bei den Männern zwischen 18 und 44 Jahren 1,7 Prozent als schwul und 1,1 Prozent als bisexuell.

  • bei den Frauen zwischen 18 und 44 Jahren 1,1 Prozent als lesbisch und 3,5 Prozent als bisexuell.3

Fußnoten

1 Siehe dazu ausführlich: Laumann, E.O. et al., The Social Organisation of Sexuality, Chicago 1994, S. 283-320. Ein anderes Beispiel: Die lesbisch lebende Forscherin Lisa Diamond stellte in einer Langzeituntersuchung fest, dass 50 % der jungen Frauen, die eine nicht-heterosexuelle Identität angenommen hatten, innerhalb von 2 Jahren mehr als einmal ihr „Identitäts-Label“ änderten. Diamond, L.M., Sexual identity, attractions, and behavior among young sexual-minority women over a two-year period. In: Developmental Psychology, 26, 241-250, 2000.

2 Laumann, E.O. er al., ebd.

3 http://www.cdc.gov/nchs/data/nhsr/nhsr036.pdf Zugriff 07.01.2015

Homosexualität und medizinische Erkrankungen

Hier finden Sie ausführliche Informationen zu:
Homosexualität und HIV / AIDS »

1. Robert Koch Institut (RKI), Berlin 7.12.20151: „Weiterer starker Anstieg der Syphilis bei MSM im Jahr 2014“ (MSM: Männer, die Sex mit Männern haben)

Syphilis ist der Name für eine bakterielle Erkrankung, die vor allem durch sexuelle Kontakte übertragen wird; sie kann auch über Blut und intrauterin übertragen werden. In Deutschland sind fast ausschließlich Männer, insbesondere MSM, von Syphilis betroffen. Der Frauenanteil lag 2014 nur bei 6,3%.

Seit 2010 steigt die Zahl der jährlich gemeldeten Syphilis-Fälle in Deutschland kontinuierlich an, im Jahr 2014 noch stärker als in den Vorjahren, und zwar fast ausschließlich bei MSM. Bei den Frauen ging 2014 der sowieso schon geringe Anteil noch leicht zurück.

Bei MSM stieg die Zahl der Meldungen von Syphilis-Infektionen zwischen 2013 und 2014 um 20,2% an.

Bundesweit lag das Vorkommen von Syphilis im Jahr 2014 bei 7,1 Fällen pro 100.000 Einwohner. Es gab aber große regionale Unterschiede. Die höchsten Vorkommen wurden aus den Innenstadtbezirken von Berlin gemeldet: Dort reichte das Vorkommen von Syphilis je nach Bezirk von 61,3 Fällen pro 100.000 Einwohner bis zu 86,3 Fällen pro 100.000 Einwohner.

Zudem war der relative Anstieg der Syphilis-Fälle in mehreren Städten im Vergleich zum Jahr 2013 hoch: In Rostock gab es einen Anstieg von 703% (!), in Leipzig von 59%, in Nürnberg von 56% und in München von 54%. In den Berliner Innenstadtbezirken, in denen das Vorkommen 2013 schon hoch war, gab es 2014 weitere Anstiege von 9,1% in Berlin Mitte bis zu 46,2% in Charlottenburg/Wilmersdorf. „Die Anstiege in diesen Städten waren fast ausschließlich auf vermehrte Meldungen von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), zurückzuführen.“1

Übertragungswege: Bei 84,0% der Fälle muss als Übertragungsweg sexueller Kontakt zwischen Männern angenommen werden. Der Anteil heterosexueller Übertragungen betrug 15,8%.

„Bei 93,7% aller Meldungen aus Städten mit mehr als 1 Million Einwohner wurde als Infektionsweg Sex zwischen Männern angegeben.“2

Für Berlin heißt es: „Es ist zu vermuten, dass die vergleichsweise hohe Anzahl von in Berlin lebenden MSM sowie die dort sehr vielfältigen Möglichkeiten zur Anbahnung sexueller Kontakte für MSM einen erheblichen Einfluss auf die dortige hohe Syphilis-Inzidenz haben.“3

Fußnoten:

1 Robert Koch Institut, Berlin: Epidemiologisches Bulletin , vom 7.12.2015, Nr. 49: „Weiterer starker Anstieg der Syphilis bei MSM im Jahr 2014“

2 Ebd. S. 517.

3 Ebd. S. 520.

4 Ebd. S. 523.

Homosexualität und psychische Erkrankungen

1. Eine neuseeländische, repräsentative Longitudinal-Studie (1999), die über 21 Jahre lief, untersuchte die psychische Gesundheit von über 1000 Jugendlichen im Alter von 14-21 Jahren. Es wurde dabei festgestellt, dass die homosexuell orientierten Jugendlichen deutlich häufiger an schweren Depressionen, Angstneurosen, Nikotinabhängigkeit, anderen Süchten sowie verschiedenen anderen psychischen Erkrankungen litten als die heterosexuell orientierten Jugendlichen.
Auch Selbstmordversuche waren in der Gruppe der homosexuell orientierten Jugendlichen deutlich häufiger.1

2. In einer 1999 veröffentlichten Studie aus den USA wurden erwachsene männliche Zwillinge, von denen einer homosexuell, der andere heterosexuell lebte, untersucht. Die Studie kam zu dem Ergebnis: Die homosexuell lebenden Männer wiesen eine deutlich höhere Rate an Selbstmordversuchen auf als die heterosexuell lebenden Männer.2

3. Der international durch seine Forschungen über Homosexualität bekannt gewordene Wissenschaftler Michael Bailey kommentierte die beiden unter 1. und 2. genannten Studien: „Diese Studien enthalten wohl die besten bisher veröffentlichten Daten über den Zusammenhang zwischen Homosexualität und psychischen Erkrankungen und beide kommen zu demselben unschönen Schluss: Homosexuell Lebende haben ein substantiell höheres Risiko, an bestimmten emotionalen Problemen, unter anderem Selbstmordneigung, schwere Depressionen und Angstneurosen zu erkranken.“ Bailey warnt davor, für diese emotionalen Probleme einfach eine negative Einstellung der Gesellschaft gegenüber homosexuellen Lebensstilen verantwortlich zu machen.3

4. Essstörungen sind deutlich häufiger bei homosexuell lebenden Männern als bei heterosexuell lebenden Männern.4

Fußnoten

1 Fergusson, D.M.:Is sexual orientation related to mental health problems and suicidality in young people?, Arch. Gen. Psychiatry, vol. 56, Oct. 1999, S. 876-80.

2 Herrel, R., Sexual orientation and suicidality Arch. Gen. Psychiatry, 56, Oct. 1999, S. 867-74.

3 Bailey, J.M.: Homosexuality and mental illness. Arch. Gen. Psychiatry, 56, Oct.1999, S. 883-884.

4 Carlat, DJ, Camargo CA Jr., Review of bulimia nervosa in males. American Journal of Psychiatry, 1991, 148, S. 831-843.

Homosexualität und sexueller Missbrauch

Zahlreiche Studien zeigen, dass Männer und Frauen mit homosexueller Orientierung deutlich häufiger homosexuellen oder heterosexuellen Missbrauch in Kindheit oder Jugend erlebt haben verglichen mit heterosexuell Empfindenden. Dabei geht es zumeist um statistische Zusammenhänge.
Ein Rückschluss auf mögliche kausale Zusammenhänge (jemand empfindet homosexuell, weil er oder sie sexuellen Missbrauch erlebt hat) ist in der Regel nicht möglich. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.

1. In einer repräsentativen Studie (1998) wurden 4159 Schüler und Schülerinnen der 9. - 12. Klasse zu ihrer sexuellen Orientierung befragt sowie zu ihren Erfahrungen in verschiedenen Bereichen, u.a. im Bereich sexueller Missbrauch.
Von den Schülern und Schülerinnen bezeichneten sich 104 (2,5%) als schwul, lesbisch oder bisexuell (LSB). Die heterosexuell empfindenden Jugendlichen werden in der Studie als Nicht-LSB bezeichnet.
Die Tabelle zeigt, dass die LSB-Jugendlichen deutlich früher sexuell aktiv waren, deutlich häufiger schon mehrere Sexualpartner hatten und deutlich häufiger sexuellen Missbrauch erlebt haben als die Nicht-LSB Jugendlichen.1

(In der Tabelle sind die Begriffe aus der Studie übernommen.)

LSBNicht-LSB
Bereits Sexualverkehr gehabt81,7% 44,1%
Vor dem Alter von 13 Jahren Sexualverkehr gehabt  26,9%7,4%
Drei oder mehr Sexualpartner gehabt 55,4% 19,2%
Drei oder mehr Sexualpartner in den letzten drei Monaten gehabt 37,9% 7,5%
Sexualkontakt gegen den eigenen Willen gehabt   32,5% 9,1%

2. In einer Studie von 2001 wurden 942 Personen nach einer Vorgeschichte von homosexuellem Missbrauch gefragt. Keiner der Probanden befand sich in Therapie. 277 von ihnen bezeichneten sich als homosexuell (124 Männer, 153 Frauen), fast alle waren Teilnehmer einer Gay-Pride-Parade.
46% der homosexuellen Männer gaben an, homosexuellen Missbrauch erlebt zu haben. Demgegenüber gaben nur 7% der heterosexuellen Männer an, homosexuellen Missbrauch erlebt zu haben. Das Alter der Jungen zum Zeitpunkt des Missbrauchs war im Mittel 11 Jahre.

22% der homosexuellen Frauen gaben an, homosexuell Missbrauch erlebt zu haben. Demgegenüber gab nur 1% der heterosexuellen Frauen an, von einer Frau missbraucht worden zu sein. Das Alter der Mädchen zum Zeitpunkt des Missbrauchs war im Mittel 13 Jahre, wobei zwei Drittel der Mädchen mindestens 12 Jahre alt waren.2

3. Eine Forschungsgruppe in Deutschland (Instituts für Psychologie der Universität Potsdam) kam 1999 zu dem Ergebnis: Jeder fünfte homosexuell empfindende Mann (20,7%) berichtete, in seiner Kindheit Opfer sexuellen Missbrauchs gewesen zu sein.3

4. Eine nicht repräsentative Studie von Balsam, Rothblum und Beauchaine (2005) untersucht u.a. die Häufigkeit von sexuellem Missbrauch in der Kindheit und Jugend (bis 17 Jahre) sowie im Erwachsenenalter bei homosexuell, bisexuell und heterosexuell lebenden Frauen und Männern. An der Studie nahmen 620 Homosexuelle/Bisexuelle teil, die über Anzeigen (digital und print) angesprochen wurden. Diese warben dann ihre (heterosexuell lebenden) Geschwister (645 Personen) für die Studie an, die die heterosexuelle Kontrollgruppe bildeten.4

Ergebnisse der Studie von Balsam, Rothblum und Beauchaine:

a) Sexueller Missbrauch in Kindheit/Jugend (bis 17 Jahre)
Männer: 31,8 Prozent der homosexuellen Männer und 44,1 Prozent der bisexuellen Männer gaben an, in ihrer Kindheit/Jugend (bis 17 Jahre) Opfer von sexuellem Missbrauch geworden zu sein. Bei den heterosexuellen Männern waren es 12,8 Prozent.
Frauen: 43,6 Prozent der homosexuellen und 47,6 Prozent der bisexuellen Frauen hatten sexuellen Missbrauch als Minderjährige erlebt. Bei den heterosexuellen Frauen waren es 30,4 Prozent.

Sexuelle Orientierung und sexueller Missbrauch in Kindheit und frühe Jugend (Alter: Unter 18 Jahren)

MännerFrauen
heterosexuell12,8%30,4%
bisexuell44,1%47,6%
homosexuell31,8%43,6%
Sexueller Missbrauch in Kindheit/Jugend (bis 17 Jahre) und sexuelle Orientierung

Aufgrund ihrer Ergebnisse mutmaßen die Forscher: „Es kann plausibel sein anzunehmen, dass für jede und jeden frühe sexuelle Erfahrungen, einschließlich Erfahrungen von Missbrauch, zu der Vielzahl von Faktoren gehören, die womöglich die sexuelle Anziehung, das sexuelle Verhalten und die sexuelle Identität einer Person beeinflussen.“ (“Thus, it may be plausible to assume that for any individual, early sexual experiences, including experiences of abuse, are among the myriad of factors that might influence one's sexual attractions, behavior, and identity.“ S. 484)

b) Sexueller Missbrauch im Erwachsenenalter
„Obwohl weniger als 2 Prozent der heterosexuellen Männer Vergewaltigung als Erwachsene erlebten, berichteten mehr als 1 von 10 homosexuell oder bisexuell lebenden Männern, dass sie das erfahren haben.“ (S. 484)

5. In einer Studie von 2005 wurden 829 Teilnehmerinnen in den Städten Chicago, New York und Minneapolis-St. Paul befragt, 550 lesbisch lebende und 279 heterosexuell lebende Frauen. Die lesbisch lebenden Frauen hatten signifikant häufiger sexuellen Missbrauch in der Kindheit erlebt: 30% der lesbisch lebenden Frauen hatten als Kind (vor dem Alter von 15 Jahren) sexuellen Missbrauch erlebt, bei den heterosexuellen Frauen waren es 16%. Die lesbisch lebenden Frauen hatten zudem doppelt so häufig schon mindestens einen Selbstmordversuch hinter sich verglichen mit den heterosexuell lebenden Frauen.5

Fußnoten

1 Garofalo, R. et al., The association between health risk behaviors and sexual orientation among a school-based sample of adolescents (Youth Risk behavior Survey), Pediatrics, vol 101, No. 5, 1998, S. 895-903.

2 Tomeo, M.E. et al., Comparative Data of Childhood and Adolescence Molestation in heterosexual and homosexual persons. Arch Sex Behavior, vol. 30, n. 5, S. 535-541, 2001. Weitere Aussagen aus der Studie über das Alter, ab dem die Probanden sich als homosexuell bezeichneten und ob hier ein kausaler Zusammenhang zum homosexuellen Missbrauch besteht, werden hier nicht wiedergegeben, da diese Angaben in der Studie widersprüchlich sind.

3 Krahé, Barbara et al., Forschungsprojekt Sexuelle Gewalterfahrungen homosexueller Männer - Opfer und Täter - Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse, Institut für Psychologie der Universität Potsdam, Februar 1999.

4 Kimberly F. Balsam, Esther D. Rothblum, Theodore P. Beauchaine, Victimization Over the Life Span: A Comparison of Lesbian, Gay, Bisexual, and Heterosexual Siblings, Journal of Consulting and Clinical Psychology 2005, 73, 3, 477-487.

5 Alicia K. Matthews, Tonda L. Hughes, Timothy Johnson, Lisa A. Razzano, Roberta Cassidy, Prediction of Depressive Distress in a Community Sample of Women: The Role of Sexual Orientation. American J. of Public Health, 92, 7, 2002, S. 1131-1139.

Homosexualität und Promiskuität

1. Zwei nordamerikanische Wissenschaftler, die als homosexuelles Paar leben, führten 1984 eine Studie mit dem erklärten Ziel durch, nachzuweisen, dass auch homosexuelle Männer in dauerhaften Partnerschaften leben können. Nach längerem Suchen fanden sie 156 homosexuelle Paare, die seit 1-37 Jahren miteinander leben. Zwei Drittel von ihnen waren die Partnerschaft mit dem Wunsch eingegangen, in sexueller Treue zu leben. Von den 156 Paaren waren aber nur 7 einander sexuell treu geblieben; und unter den 7 Paaren war kein einziges, das schon länger als 5 Jahre miteinander gelebt hätte. Mit anderen Worten: Es war den Wissenschaftlern nicht gelungen, auch nur ein einziges homosexuelles Paar zu finden, das länger als 5 Jahre einander sexuell treu war. Die Forscher kommen zu dem Schluss: „Die Erwartung, dass Sex außerhalb der festen Beziehung vorkommt, war die Regel bei homosexuellen Paaren und die Ausnahme bei heterosexuellen Paaren.“ Die Forscher merken an, dass viele homosexuelle Paare früh in ihrer Beziehung lernen, dass „sexuelle Besitzanzeigen“ die größte Bedrohung für ihre gemeinsame Partnerschaft darstellen können.1

2. In einer umfangreichen australischen Studie (1997) wurden 2583 ältere, homosexuell lebende Männer befragt über die Anzahl ihrer Sexualkontakte. Die mittlere Zahl ihrer Sexualkontakte lag bei 251. Lediglich 2,7% der Befragten hatten in ihrem Leben nur einen Sexualpartner gehabt.2

3. Eine Studie der Universität Zürich (1999) kommt zu folgendem Ergebnis bei homosexuell lebenden Männern zwischen 20 und 49 Jahren: Im Durchschnitt hatten sie in den 12 Monaten vor der Befragung 10-15 verschiedene, männliche Sexualpartner gehabt. Die Autoren der Studie befinden: Zwei Drittel aller Befragten waren in den letzten 12 Monaten mit mindestens einem festen Freund zusammen, doch hatten 90% aller Männer im gleichen Zeitraum einen oder mehrere Gelegenheitspartner.3

4. Eine Studie aus Amsterdam (2003) fand heraus, dass bei den befragten Männern die homosexuellen Partnerschaften im Durchschnitt nur 1,5 Jahre hielten. In dieser Zeit hatte jeder Partner neben seiner festen Partnerschaft durchschnittlich noch 8 weitere Sexualpartner im Jahr.4

5. Aus einer neuen Erhebung (2010) aus Deutschland geht hervor: Die befragten homosexuell lebenden Männer hatten in den 12 Monaten vor der Befragung neben ihrem festen Freund im Durchschnitt (Median) noch drei weitere Sexualpartner gehabt.

Für die 20-29-jährigen sah das so aus: Im Jahr vor der Befragung hatten 27% der Männer 1 Sexualpartner, 56% hatten 2-10 Sexualpartner, 14% hatten 11-50 Sexualpartner, 2% hatten mehr als 50 Sexualpartner. Der Anteil der befragten Männer, die mehr als 10 Sexualpartner in den 12 Monaten vor der Befragung hatten, nahm bei den über 30-jährigen Männern deutlich zu.5

Anmerkungen zu Homosexualität und Promiskuität

Der Basler Professor für Klinische Psychologie, Udo Rauchfleisch, der sich als Befürworter der Schwulenbewegung bezeichnet, nennt in seinem Buch „Die stille und die schrille Szene“ (1995) „vier wesentliche Unterschiede“ zwischen homosexuellen und heterosexuellen Beziehungen. Der „erste Unterschied“ liege darin, dass viele homosexuell lebende Männer neben ihrer festen Partnerbeziehung gleichzeitig sexuelle Nebenbeziehungen „flüchtiger, unverbindlicher Art“ haben.6

In seinem Gutachten für die Bundesregierung (2000) bezeichnet der Sexualwissenschaftler und Protagonist der Homosexuellenbewegung Professor Dr. Martin Dannecker die Tatsache, dass viele Homosexuelle trotz fester Beziehung gleichzeitig auch anonyme Sexualkontakte haben, als eine Fähigkeit von homosexuell lebenden Männern. Er schreibt über sie: „Sie sind fähig, konstante Objektbeziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten und fähig zum Eingehen flüchtiger sexueller Kontakte. Es gibt also einerseits das flüchtige, relativ zufällige Sexualobjekt, das vor allem dazu geeignet sein muss, rasche sexuelle Befriedigung zu vermitteln. Dieses Objekt steht primär im Dienste der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der narzisstischen Homöostase. (…) Andererseits gibt es das hochspezifische Objekt fester ’Freund’, an das sich dauerhafte sexuelle und zärtliche Interessen und Strebungen heften, das, mit anderen Worten ausgedrückt, psychisch also hoch besetzt ist.“7

Einer der politischen Protagonisten in der BRD für die Einführung der „eingetragenen Lebenspartnerschaft“, Volker Beck, schrieb 1991 zu der Erwartung, dass durch eine „eingetragene Lebenspartnerschaft“ die Promiskuität der männlichen Homosexualität verringert werden könne: „Wenn man hofft, die Schwulen zu treuen Ehepartnern zu machen, muss und wird die schwule Beziehungsrealität den Gesetzgeber enttäuschen. (…) Offensichtlich ist für viele Paare ’ihre Sexualität mit Dritten auszuleben, ein wichtiger Faktor in der Aufrechterhaltung der Partnerschaft.’ (…) Eine positive rechtliche Regelung homosexueller Lebensgemeinschaften käme diesem Wusch nach einer gesellschaftlichen Einbindung auf der politischen Ebene entgegen, ohne dass dem Gesetzgeber dafür eine Verhaltensänderung im Sinne abnehmender Promiskuität angeboten werden könnte.“8

„Viele Schwule definieren ’treu sein’ also anders als die meisten Heteros. Für Schwule kann Treue bedeuten, dass man mit seinem Partner eine Abmachung trifft. Die kann zum Beispiel beinhalten, dass in der festen Beziehung unsafer Sex praktiziert wird und bei Seitensprüngen immer die Safer-Sex-Regeln befolgt werden. Treue bedeutet dann, dass man dieser Abmachung treu ist.“9

Fußnoten

1 McWhirter D., Mattison A., The Male Couple: How Relationships Develop. Englewood Cliffs, NJ, 1984.

2 Van de Ven, P. et al., A Comparative Demographic and Sexual Profile of Older Homosexually Active Men. Journal of Sex Research Vol. 34, No.4, 1997, S. 349-60.

3 Zürich Men's Study, Hrsg. vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich, Sumatrastr. 30, CH-8006 Zürich, Juni 1999.

4 Xiridou, M., et al., The contribution of steady and casual partnerships to the incidence of HIV infection among homosexual men in Amsterdam. in: AIDS 2003; 17, 7, 1029-1038.

5 Bochow, M. et al., Schwule Männer und HIV/Aids: Lebensstile, Szene, Sex 2007. Eine Befragung im Auftrag der Bundszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Berlin 2010, S. 41-42.

6 Rauchfleisch, U., Die stille und die schrille Szene, Herder, Freiburg 1995, S. 57.

7 Dannecker, M., Sexualwissenschaftliches Gutachten zur Homosexualität, in: Jürgen Basedow et al. (Hrsg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften. Mohr Siebeck, Tübingen 2000. S. 343-344.

8 Beck, Volker, Legalisierung schwuler und lesbischer Lebensgemeinschaften, in: Demokratie und Recht, 1991, 4, 446-464, S.457.

9 www.gaystation.info/schwul/treue.htm, Zugriff 20.03.2015.

Homosexualität und Jugendliche

1. Eine Umfrage in den USA (1992) an über 34.000 Schülern kam zu dem Ergebnis: 25,9% der Zwölfjährigen waren sich unsicher, ob ihre sexuelle Orientierung homosexuell oder heterosexuell war. Unter den 18jährigen waren es noch 5%.1
Eine repräsentative Studie zeigt, dass in der erwachsenen Bevölkerung der Prozentsatz derer, die sich in ihrer Selbstidentität als homo- oder bisexuell bezeichnen bei 2,8% (Männer) bzw. bei 1,4% (Frauen) liegt.2

2. Das niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales (Bundesrepublik Deutschland) hat im Sommer 2001 eine erste Studie vorgestellt zur Lebenssituation homosexueller Jugendlicher. In der Zusammenfassung der Studie heißt es: „Die Belastung mit Depressionen ist in der Untersuchungsgruppe schwuler Jugendlicher drastisch erhöht.“3

3. 1991 wurde in den USA eine Befragung unter männlichen Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 21 Jahren durchgeführt. Die Studie fand heraus, dass die Häufigkeit von Selbstmordversuchen umso höher war, je früher Jugendliche sich selbst als schwul bezeichneten. Je weiter das Coming-Out in Richtung Erwachsenenalter verschoben wurde, desto geringer wurde die Rate der Selbstmordversuche. Allerdings handelt es sich hier zunächst nur um einen statistischen Zusammenhang, ob ein kausaler Zusammenhang besteht, ist nicht bekannt.4

4. Ein weiterer Unterschied zwischen Heterosexualität und Homosexualität: In der Heterosexualität findet die sexuelle Initiation meist innerhalb der gleichen Altersgruppe als „gemeinsame Erkundungsreise zweier Unerfahrener“ statt. Nach einer neuen Studie aus der BRD (2001) wird der Jugendliche in die Homosexualität aber in der Regel von einem deutlich älteren, erwachsenen Partner eingeführt. ;Die ersten homosexuellen Sexualpartner der unerfahrenen Jugendlichen waren durchschnittlich 6 Jahre älter, bei 14% der Jugendlichen sogar mindestens 10 Jahre älter.5 Dies erhöht das Risiko für den Jugendlichen, sich mit einer sexuell übertragbaren Krankheit zu infizieren. Zudem ist die Gefahr der Ausbeutung und des Machtmissbrauchs bei sexuellen Handlungen zwischen Erwachsenen und Jugendlichen (besonders unter 16 Jahren) sehr groß. Eine Studie aus den USA (1992) mit homosexuellen und bisexuellen Männern, die als Kinder und Jugendliche (bis 18 Jahre) homosexuellen Sex mit älteren Partnern hatten, kommt zum Ergebnis: Einige hatten dies Erlebnis als Jugendliche positiv eingestuft, als Erwachsene bewerteten sie es aber als Missbrauch.6

Fußnoten

1 Remafedi, Gary et al., Demography of Sexual Orientation in Adolescents, in: Pedeatrics Vol 89 No. 4, 1992, S. 714-721.

2 Laumann, E.O. et al., The Social Organisation of Sexuality. University of Chicago 1994.

3 Schwule Jugendliche: Ergebnisse zur Lebenssituation, sozialen und sexuellen Identität, Dokumentation hrsg. vom Niedersächsischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales, Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 2, D-30159 Hannover, 2001.

4 Remafedi, Gerry, Farrow James A., Deisher Robert W., Risk Factors for Attempted Suicide in Gay and Bisexual Youth, Pediatrics. 1991 87, 6, S. 869-75. S. 869-875.

5 Siehe Fußnote 3.

6 Doll, LS., Joy, D., Bartholow, BN., Harrison, JS., et al: Self-reported Childhood and Adolescent Sexual Abuse among Adult Homosexual and Bisexual Men, Child Abuse and Neglect, vol. 16, 1992, S. 855-864.

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